Von Bergen, Seen und vielen Kilometern
Eintrag vom 19.07.2018
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Entfernung (Luftlinie): 359,2 km
Max. Höhenunterschied: 356 m
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Entfernung (Luftlinie): 359,2 km
Max. Höhenunterschied: 356 m
Prestwick - Greenock (77km)
Auf das Frühstück hatte ich verzichtet, denn mir waren die Inhaber nicht ganz geheuer und außerdem wollte ich ja heute bis Greenock kommen.
Das Wetter war eher suboptimal, da es ständig regnete und bisweilen etwas kühl war.

Dennoch hatte die Strecke ihren Reiz. Die Aussicht vom letzten Berg über Greenock war trotz des schlechten Wetters fantastisch und sehr beeindruckend.

Allerdings war das Hotel “Tontine” eine wahre Katastrophe. Es war hellhörig und dank des Souterrains dunkel, stickig und irgendwie ungemütlich. Egal, ich hatte es pünktlich zum Anstoß des Endspiels geschafft und in der Vorratstasche fanden sich noch drei Dosen-Guinness, die ich während des Spiels vernichtete. Das Abendessen habe ich so gut es ging runtergewürgt und bin dann zeitig ins Bett.
Greenock - Aberfoyle (78km)
So ein Mist, ich hatte verschlafen, dabei war der Tag doch so gut geplant gewesen... Um 09:15 Uhr wollte ich die Fähre von Gourock nach Kilcreggan nehmen, um dann 13:45 Uhr von Tarbet aus über den Loch Lomond nach Inversnaid überzusetzen.
Als ich aufwachte, war es fünf vor neun, also definitiv zu spät, um meinen Plan umzusetzen. Ich aß nur das Genießbare (zwei Scheiben Toast mit Butter) beim Frühstück, schmiss alle meine Sachen in die Taschen und schaffte es, um zehn vor zehn auf dem Rad zu sitzen. Noch fünf Kilometer bis zur Fähre, 10:15 Uhr Abfahrt. Ich schaffte es um Haaresbreite.

Als einziger Passagier erreichte ich 15 Minuten später Kilcreggan. Das Navi zeigte eine Fahrzeit von vier Stunden für die 32km an. Mir kam das sehr lange vor, aber das Höhenprofil war eben auch nicht ohne. Nach einem heftigen und langen Anstieg hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, es noch pünktlich zu schaffen. Doch dann änderte sich die Strecke. Es wurde zunehmend ebener und es ging zum Teil sogar etwas bergab, immer am Loch Long entlang.

Man konnte bei den Abfahrten immer so viel Schwung mitnehmen, dass man den nächsten Berg mit wenig Krafteinsatz und unter Beibehaltung der meisten Geschwindigkeit bewältigte. Es fuhr sich einfach gut und so erreichte ich Tarbet bereits um 12:20 Uhr, anstelle der Anfangs prognostizierten Ankunftszeit von 14:35 Uhr.

Die halbstündige Überquerung des Loch Lomond nach Inversnaid war sehr schön und entspannend.

Kurz vor Ankunft erzählte der Kapitän noch einen Witz über das schottische Wetter. Der Wasserfall (s. u.) führt gerade wenig Wasser, da es in Schottland schon lange nicht geregnet hat - das letzte Mal vor drei Stunden...

Direkt nach Inversnaid ging es noch einmal knapp 300 Höhenmeter hinauf, bis sich vor mir eine weite Ebene eröffnete, auf der es nun wieder lange ohne nennenswerte Anstiege entlang ging. Gesäumt von noch höheren Bergen rechts und links ruhte neben mir der Loch Arklet.

Bis zum Campingplatz hinter Aberfoyle ging es noch lange ziemlich hügelig zur Sache, aber schließlich kam ich am frühen Abend endlich an, baute mein Zelt auf und freute mich auf eine Tasse Kaffee. Aber der Kocher wollte nicht, wie ich wollte. “Nehmen Sie die Düse aus der Düsenhalterung mit dem dafür vorgesehenen Düsenwerkzeug und reinigen Sie diese von oben - oder unten - und fahren sie mit Schritt 3 fort. Wenn diese Schritte nicht usw. ...” Nach einer Viertelstunde lief der Kocher wieder und ich hatte endlich meinen Kaffee.
Aberfoyle - Burntisland (92km)
Ja, auch solche Tage gibt es. Unaufgeregt, nicht einprägsam, landschaftlich eher schlicht.

Von Burntisland konnte man bereits Edinburgh sehen, Luftlinie gerade einmal 13km.

Burntisland - Lauder (99km)
Ich hatte mich heute mit Markus - Freund, Arbeitskollege, Weltenbummler - in Edinburgh verabredet. Aus den 13km Luftlinie wurden ob des Fjords, das die Forth Bridge und zwei weitere Brücken überspannen, 42km.

Mit anderthalb Stunden Verspätung traf ich dann gegen halb zwei in Leslies Pub ein. Leider gab es dort nichts zu essen, so dass wir noch ein Stück laufen mussten, bis wir eine Art Kantine gefunden hatten.

Leider hatte ich nicht viel Zeit mitgebracht, da noch knapp 60km mit aberwitzigem Höhenprofil vor mir lagen. So verabschiedeten wir uns bereits gegen halb vier wieder und ich fuhr weiter in Richtung Südosten.

Kurz vor Schluss musste ich noch einmal ordentlich klotzen, allerdings war die Belohnung ein nahezu himmlisches Schauspiel. Hinter mir öffnete sich die Wolkendecke und die Sonne flutete einen ausgewählten Teil des Tals mit gleißendem Licht.


Endlich in Lauder angekommen, wurde ich freundlich von der Empfangsdame begrüßt, bekam sofort meinen Zimmerschlüssel ausgehändigt und dazu noch eine warme Mahlzeit im Restaurant.

Lauder - Alnwick (101km)
Erstaunlicherweise ging es heute gut voran, obwohl die Strecke wieder sehr hügelig war. Man funktioniert einfach und fährt bisweilen wie in Trance und stoischer Ignoranz die Berge rauf und wieder runter. Was ändert es auch, wenn ich mich darüber aufrege, dass es anstrengend ist? Aufregen lässt den Berg vor mir leider auch nicht verschwinden.
Einzig nervig waren heute die vielen Insekten. Ständig Bremsen, Fliegen und diese kleinen Gewittertierchen, die man plötzlich zu hunderten auf Haut und Kleidung hat. Temporär fühlte ich mich heute wie eine Kuh auf der Weide, die permanent von Viehzeug umkreist wird. Aber auch hier gilt: “weiterfahren, wird schon wieder.”

Nach gerade einmal sechs Stunden reiner Fahrzeit hatte ich die gut 100km bewältigt und war in Alnwick angekommen.

Morgen sind es noch einmal knapp 70km zu fahren, bevor es von Newcastle mit der Fähre nach Amsterdam geht.